Die Entwicklung eines Softwareprodukts ist offensichtlich ein komplexer Prozess mit vielen entscheidenden Faktoren. Aber es gibt ein paar Schritte, die für jedes Projekt universell sind. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Schritte Sie unternehmen müssen, um ein erfolgreiches MVP zu entwickeln und welche Tools und Methoden Ihnen dabei helfen können.
Kurze Zusammenfassung: Was ist ein MVP?
Ein MVP ist genau das, was der Name verspricht: Ein Minimum Viable Product. Es ist ein minimales Produkt, mit so wenigen Funktionen wie möglich, dessen Funktionalität jedoch einen Wert für den Kunden bietet. Ein MVP ist nicht nur ein Produkt, es ist ein Prozess, etwas ausschließlich mit seinen Kernfunktionalitäten zu bauen.
Um das Ziel eines ausgereiften Produkts zu erreichen, wiederholt das MVP immer wieder den Build-Measure-Learn-Prozess. Denn indem man in jedem Zyklus neue Funktionen hinzufügt, kommt man einem Produkt, das alle gewünschten Funktionen enthält, jedesmal einen Schritt näher.
MVPs verstehen
Bevor Sie überhaupt mit dem Bau des MVP beginnen, müssen Sie es verstehen. Der Sinn und Zweck, ein MVP statt eines ausgereiften Produkts zu bauen, ist, dass Sie ein komplett funktionales Softwareprodukt für weniger Geld und in kürzerer Zeit erhalten.
Aber: Es ist entscheidend, den funktionalen Aspekt nicht zu vergessen. Es reicht nicht aus, ein simples Produkt mit wenigen Funktionen herauszubringen und es MVP zu nennen. Der Punkt ist, dass es lebensfähig und funktional genug sein muss, damit Ihre potenziellen Kunden es verwenden oder Geld dafür ausgeben wollen.
Sie können die Viabilität nicht vernachlässigen, ohne Kunden und ohne Feedback zu verlieren. Um eine ausreichende Menge an interessierten Nutzern anzuziehen, müssen Sie den Sweet Spot zwischen dem, was Ihr Unternehmen anbieten kann, und dem, was die Kunden suchen, finden.
Um Ihnen zu zeigen, was wir meinen, schauen wir uns bekannte Grafik an, die oft verwendet wird um den MVP-Building-Prozess zu beschreiben:
Überraschenderweise haben sich diese und ähnliche Versionen davon im Internet verbreitet und gelten als die ultimative Anleitung, wie man ein Minimum Viable Product baut.
Sicherlich ist die erste Zeile nicht der richtige Weg, da die ersten 3 Versionen zu wenig Funktionalität bieten und den Wunsch des Kunden nach einer Transportmöglichkeit nicht erfüllen. Aber die zweite ist genauso wenig effizient. Sicherlich befriedigt das Skateboard das Bedürfnis nach Transport, aber wenn wir realistisch sind, wird ein Kunde, der ein Auto sucht, nicht sehr glücklich sein, wenn er jeden Tag mit einem Skateboard zur Arbeit fahren muss.
Diese Grafik hingegen ist eine viel bessere Darstellung:
Angenommen, der Ihr Kunde ist auf der Suche nach einer Lichtquelle, dann wird ihn jede dieser möglichen Optionen zufriedenstellen. Sicherlich sind die ersten paar Versionen vielleicht weniger praktisch, aber der Kunde hat bekommen, was er sucht und Ihr Produkt stellt für ihn eine Bereicherung dar.
Kurze MVP Checkliste
Um sicherzugehen, dass Sie alle wichtigen Schritte zum Aufbau Ihres MVP abgeschlossen haben, überprüfen Sie, ob Sie Antworten auf folgende Fragen haben:
- Identifizieren Sie die Kernfunktion
Lösen Sie ein Problem? Ist Ihre Lösung besser als die bestehenden?
- User Journeys visualisieren
Kennen Sie Ihre User? Welche sind die relevantesten?
- Wenden Sie die Moscow Methode an
Was sind die wesentlichen Funktionen? Welche Features können Sie später hinzufügen? Welche Merkmale sind irrelevant?
- Messen Sie das Feedback
Was sind Ihre Annahmen über das MVP Wie definieren Sie Erfolg? Was sind Ihre wichtigsten KPIs?
- Lernen und Verbessern
Was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse? Was müssen Sie besser machen? Welche Funktionen mögen Ihre Kunden am meisten/am wenigsten?
Identifizieren Sie die Kernfunktionen Ihres MVPs
Die Kernfunktion Ihres Produkts ist Ihr Startpunkt. Denn jede Customer Journey beginnt mit einem Problem. Für dieses müssen Sie eine Lösung anbieten. Denken Sie darüber nach, welche Lösungen Sie anbieten können und die Kunden zu Ihrem Unternehmen führen werden.
Dieses Problem wird während des gesamten Prozesses Ihr Fokuspunkt sein. Und die Lösung dafür ist das Fundament, das je nach Reaktion des Marktes skaliert werden kann.
Ihre Aufgabe ist es, sich nicht in neuen Funktionen oder Dienstleistungen zu verheddern und dadurch Ihren Fokus zu verlieren. Es ist verständlich, dass Sie so viele Features wie möglich einbeziehen und von Anfang an 100 % geben wollen, aber im Falle der MVP-Entwicklung kann das durchaus kontraproduktiv sein.
In dem Fall, dass User nicht so auf Ihr Produkt reagieren, wie Sie es gerne hätten wird es für Ihr Team viel einfacher sein, den Auslöser des Problems unter den Kernfunktionen auszumachen, als ihn in einer Vielzahl an Funktionen zu finden.
Um zu garantieren, dass Sie tatsächlich eine einfache Lösung bauen, muss sich Ihr MVP also wirklich nur um das Kernproblem drehen und um nichts anderes. In jedem folgenden Entwicklungszyklus können Sie dann Schritt für Schritt weitere Funktionen hinzufügen.
Diese Ideen zur Wertschöpfung werden Ihnen auch helfen, Ihre Ideen besser auszudrücken und zu verkaufen.
Identifizieren von User Journeys
In diesem Schritt bilden Sie alle möglichen User Journeys ab, indem Sie Ihre Benutzer, ihre Benutzeraktionen und ihre Ziele definieren. Auf diese Weise erhalten Sie ein besseres Verständnis für Ihr Ziel und können die Benutzererfahrung leicht verbessern.
Da ein Produkt, das zwar brauchbar, aber nicht einfach zu bedienen ist, bei den Nutzern keinen Anklang finden wird, ist die Verbesserung des User Experiences der wichtigste Schritt, um garantiert mehr Early Adopters für sich zu gewinnen.
Versetzen Sie sich also einfach in die Lage des Nutzers und spielen Sie jeden einzelnen Prozessschritt durch. Überlegen Sie sich dabei, welche Aufgaben er zu erfüllen hat, beginnend mit dem Öffnen der App oder dem Klick auf die Website, bis er sein Ziel erreicht, sei es der Abschluss eines Kaufs oder einer Lieferung.
Höchstwahrscheinlich werden Sie mehr als eine Benutzer Persona haben, also beginnen Sie mit der Segmentierung der verschiedenen Benutzer. Denken Sie über jede ihrer Absichten nach, was sie erreichen wollen und durch welche Aktionen sie das erreichen werden. Da nicht jede Zielgruppe gleich loyal und lukrativ ist, ermöglicht Ihnen die Segmentierung auch, die profitabelsten und lohnendsten Targets zu identifizieren.
Um Ihnen eine bessere Vorstellung von User Stories zu geben, lassen Sie uns einen Blick auf diese Tinder User Journey werfen:
Es ist Ihre Aufgabe als Unternehmen, dafür zu sorgen, dass der Benutzer die Aktionen möglichst reibungslos ausführen kann und somit sein(e) Ziel(e) erreicht.
Aber keine Sorge, es gibt Tools, die Ihnen bei diesem Schritt zur Seit stehen: Mit XMind, MURAL und UXPin können Sie schnell und einfach ein User Experience Flussdiagramm erstellen.
Anwenden der MoSCow-Methode
Um einen Start für den Entwicklungsprozess auszumachen, machen Sie eine Liste mit allen Funktionen, die Ihr Produkt Ihrer Meinung nach braucht. Machen Sie sich noch keine Gedanken über Struktur oder Priorisierung, das kommt schon noch.
Unabhängig davon, welche Methode Sie verwenden, um die Kernfunktionen zu identifizieren, lautet die Leitfrage: Was ist für meine User von Nutzen? Was brauchen und wollen Sie? Und nicht: Welche Funktionen möchte ich in mein Produkt aufnehmen?
Um zu bestimmen, welche Funktionen von der ersten Minute an enthalten sein müssen und welche später oder gar nicht hinzugefügt werden können, sollten Sie die MoSCow-Methode verwenden. Sie unterteilt alle Ihrer Funktionen in 4 Kategorien.
- Die Must-Haves: die Features, die grundlegend sind, um Ihr MVP-Projekt zu starten und zu testen, wie Nutzer darauf reagieren werden
- Die Should-Haves: diese könnten Ihre Produktidee in den nächsten Entwicklungszyklen erweitern sowie einen Mehrwert für Ihre Zielgruppe schaffen. Sie sind aber nicht entscheidend für den Erfolg des Projekts
- Die Could-Haves: Diese Features sind wünschenswert, aber aus verschiedenen Gründen macht es keinen Sinn, sie zu diesem Zeitpunkt zu implementieren
- Die Wont-Haves: Funktionen, die keinerlei Mehrwert für das Projekt bieten
Diese Methode garantiert nicht nur Klarheit über die Architektur des Produkts und das Benutzererlebnis, sondern spart Ihnen auch Zeit und Geld im Entwicklungsprozess.
Ein alternatives Tool, das Sie für die Entscheidung über Features heranziehen können, ist die Priorisierungsmatrix. Die Matrix differenziert Features nach ihrer Dringlichkeit sowie nach ihrer Auswirkung auf das Projekt.
Das MVP entwickeln
Endlich kommen wir auf den Punkt.
In diesem Schritt geht es um Geschwindigkeit. Ihr Ziel ist es, das Produkt so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen, um Ihre Annahmen zu validieren.
Halten Sie Ihr Design einfach, um die Benutzer nicht mit komplexen UI-Elementen oder Animationen zu überfordern.
Behalten Sie außerdem dabei immer im Hinterkopf, dass die Qualität während des Prozesses nicht leiden sollte und dass Ihr Produkt, egal welche Features Sie einbauen, lebensfähig bleiben muss.
Um noch mehr Geld zu sparen, können Sie mit einer Plattform für Ihr MVP beginnen und später weitere hinzufügen oder mit der plattformübergreifenden Entwicklung beginnen.
Das Feedback messen
Nachdem die Produktentwicklung selbst abgeschlossen ist, fahren Sie mit dem zweiten Schritt des BML (Build-Measure-Learn Zyklus) fort.
Anhand von KPIs (Key Performance Idicators) können Sie sicherstellen, dass Sie die relevante Daten erhalten und korrekte Schlussfolgerungen ziehen. Denn nur die Daten, die geeignet sind, den Erfolg Ihrer Produkte zu messen, werden für Sie nützlich sein. Fragen Sie sich also:
- Welche Annahmen muss ich validieren?
- Wie sieht Erfolg für mein Unternehmen aus?
- Welche Faktoren deuten auf Erfolg hin?
- Was will ich messen?
- Wie will ich es messen?
Sehen wir uns ein Beispiel an: Nehmen wir an, Sie bauen eine mobile App mit In-App-Käufen
Dafür könnten folgende Beispiele Key Performance Indicators sein:
- Die Download-Rate der App
- Nutzerbewertungen im App Store oder bei Google Play
- Der Prozentsatz der aktiven Nutzer
- Der Prozentsatz der zahlenden Nutzer
KPIs sehen für jedes Projekt anders aus. Es ist dabei viel wichtiger, wenige, aber dafür hochwertige Indikatoren auszuwählen, als alles zu messen, auch die Daten, die für Sie irrelevant sind. Denn wenn Sie zu viele unbedeutende Faktoren berücksichtigen, macht Ihnen das die Arbeit nur schwerer, da schneller wichtige Daten übersehen werden.
Nachdem Sie die Leistungsindikatoren separat analysiert haben, können Sie anhand der kollektiven KPI-Ergebnisse interpretieren, wie Ihr Produkt von den Kunden wahrgenommen wird, welche Aspekte sie lieben und welche noch verbesserungswürdig sind.
Oftmals gibt es bestimmte Industriestandards wie „10 % der registrierten Nutzer sollten die App einmal am Tag öffnen“. Aber als Startup sollten Sie immer nach der Grundregel leben, dass Standard eben nicht genug ist. Den Branchendurchschnitt zu erfüllen, reicht einfach nicht aus, um schnell zu skalieren.
Lernen und das MVP verbessern
Nehmen Sie Nutzerfeedback wirklich ernst und interpretieren Sie, welche Learnings Sie für den nächsten Zyklus mitnehmen können. Vergeuden Sie diesen Vorteil nicht, denn Sie wissen jetzt genau, was potenzielle Kunden wollen und was sie nicht wollen. Also verbessern Sie Funktionen, die sie mögen, und vergessen Sie die, die sie nicht mögen.
Außerdem sollten Sie bei jedem neuen Entwicklungszyklus eine Ihrer „Should-have“-Funktionen hinzufügen, um zu testen, wie die Benutzer darauf reagieren.
Unsere Tips
- Just do it: Überdenken ist mehr als hinderlich im Prozess, Ihr MVP auf den Markt zu bringen. Werfen Sie deshalb den Perfektionismus über Bord und bringen Sie Ihr Produkt zum frühestmöglichen Zeitpunkt auf den Markt
- Bewerten Sie, ob sich genügend Menschen für Ihre Lösung interessieren. Vielleicht haben Sie ein Produkt gebaut, das einen Mehrwert bietet und wofür Kunden bereit sind zu zahlen, aber die Zielgruppe ist viel zu klein, um Ihr Produkt zu skalieren
- Ziehen Sie das Outsourcing Ihrer Softwareentwicklung in Betracht. Die Expertise eines ausgelagerten Teams ermöglicht Ihnen möglicherweise eine schnellere und qualitativ hochwertige Entwicklung